Auswanderungsgeschichte
Die Auswanderungswelle begann landesweit mit dem in Eschelbronn tätigen Pfarrer Josua Harrsch, über den im Laufe des Textes noch ausführlicher berichtet wird. Im Jahr 1709 befanden sich unter den 10.000 Auswanderern aus der Pfalz 425 Personen aus der Meckesheimer Zent. Sie ließen sich größtenteils in Nordamerika im Staat Pennsylvanien nieder.
Im Jahr 1783 wechselte ein gewisser Zimmergeselle Josef Scholl nach Frankreich und verdingte sich dort als Bergmann.
1792 folgte dem Ruf der Auswanderer nach Pennsylvanien Johann Georg Huber, Weber von Beruf. Der größte Teil der Auswanderer verließ jedoch erst circa 50 Jahre später, etwa um 1840 bis 1860, die Heimat. Die Überbevölkerung und die ungerechte Verteilung der Güter veranlasste zahllose Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Aber auch die Gemeinde ergriff die Gelegenheit, sich bei dieser Gelegenheit von unliebsamen Einwohnern zu befreien. Man bezahlte sogar die Überfahrt für die Armen, da das Armenrecht die Gemeinden verpflichtete, mittellose Personen zu unterhalten und finanziell für sie aufzukommen. Die einmalige Zahlung der Überfahrt kam letztendlich billiger, als eine lebenslange Unterstützung der verarmten Menschen.
In den Jahren 1836 bis 1888 verließen 190 Personen freiwillig das Dorf, um in Nordamerika ihr Glück zu suchen. Gleichzeitig wurden von der Gemeinde 170 Personen auf dem Armenweg abgeschoben. Darunter waren Straffällige, wie Diebe, aber auch Bettler, Trunksüchtige und vor allem ledige Mütter mit ihren Kindern, deren man sich auf diese Weise entledigte.
Einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Auswanderungsgeschichte war, wie eingangs erwähnt, der am 30. Juli 1669 in Fachsenfeld im Kocherthal geborene Josua Harrsch. Er studierte in Jena lutherische Theologie und wurde bereits 1696 vom damaligen Erbherrn Johann Anton von Feltz zum Vikar von Eschelbronn ernannt.
Josua Harrsch versorgte 12 Jahre lang neben Eschelbronn die Gemeinden Daisbach und Mönchzell. Im ältesten Kirchenbuch ist nachzulesen, dass dem Ehepaar Harrsch in Eschelbronn vier Kinder geboren wurden, von denen eines gerade halbjährig wieder verstarb.
Josua Harrsch hatte es während seiner Amtszeit in Eschelbronn nicht leicht. Er lebte in ärmlichen Verhältnissen und war abhängig von den adligen Patronatsherren, die die Pfründe vorwiegend in ihre eigene Taschen wirtschafteten.
Auch bei der zum Katholizismus übergetretenen Landesregierung fanden die Lutheraner kaum Unterstützung, vielmehr waren sie dem massiven Druck der Rekatholisierungsmaßnahmen ausgesetzt.
Wann er beschloss, das Land zu verlassen, ist nicht festzustellen. Die Vermutung liegt nahe, dass Josua Harrsch durch seinen Schwiegervater von den Möglichkeiten, die Amerika bot, erfahren hatte. Sein Schwiegervater war Pfarrer in der Nähe von Alzey , wo in den Jahren 1677/78 William Penn seine Ideen von der Gründung einer neuen Gemeinde in Nordamerika verbreitete. In seinem Tagebuch ist zu lesen, dass sich unter den Zuhörern verschiedene Pfarrer und Kirchenoberen befunden hätten. Vermutlich war einer davon der spätere Schwiegervater von Josua Harrsch.
Im Jahre 1708 verschwand Josua Harrsch bei Nacht und Nebel mit seiner Familie aus Eschelbronn. Nichts deutete vorher auf sein Vorhaben, Eschelbronn den Rücken zu kehren, hin. Lediglich in dem mit größter Sorgfalt und in auffallend schöner Handschrift geführten Kirchen- und Taufbuch fehlt eine Seite. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass diese Seite herausgerissen worden war. Ob dies Josua Harrsch selbst getan hat oder sein Nachfolger im Amt, lässt sich leider nicht mehr feststellen.
Zur gleichen Zeit zog eine Schar von ca. 60 Personen aus der Gegend von Landau nach Frankfurt, um sich beim englischen Gesandten Hilfe zur Überfahrt nach England, von wo aus es nach Amerika weitergehen sollte. Die Gruppe wurde von einem gewissen Josua Kocherthal angeführt.
Die Familie Harrsch war und blieb ab da verschollen, und es sollten 260 Jahre vergehen, bis die Identität von Josua Harrsch mit Josua Kocherthal als ein und dieselbe Person ans Tageslicht kommt.
Josua Harrsch führte sozusagen während seiner Zeit in Eschelbronn ein Doppelleben. Er fuhr schon 1704 inkognito nach England und traf sich dort mit britischen Adelskreisen, wo er erfuhr, dass Königin Anna für ihre nordamerikanische Kolonie Pennsylvanien deutsche Siedler suchte. Vermutlich im Auftrag dieser Kreise verfasste er eine Flugschrift mit dem Titel "Ausführlich- und umständlicher Bericht von der berühmten Landschaft Caroline in dem Engelländischen Amerika gelegen. An den Tag gebracht von Kocherthalern". Er schilderte darin in glühenden Farben das Land. Die Flugschrift fand reißenden Absatz und erschien in vier Auflagen. Jede Auflage wurde von geschäftstüchtigen Verlegern um einen Anhang erweitert. Vermutlich handelte es sich bei dieser Flugschrift, die die Massenauswanderung der Pfälzer nach Nordamerika ausgelöst und entscheidend beeinflusst hatte, um das im Jahr 1711 im britischen Unterhaus erwähnte "Goldene Buch", das die Regierung in große Schwierigkeiten gebracht hatte, denn die Auswanderungswilligen sammelten sich alle in London, um auf eine Gelegenheit zur Überfahrt nach Amerika zu warten.
Auf diesen Massenansturm war London nicht vorbereitet; bald herrschten Not und Elend unter den Menschen, die alle Brücken hinter sich abgebrochen hatten. So entschloss man sich, eine Gegenschrift zur Flugschrift Josua Kocherthal zu verfassen. Diese Gegenschrift kam jedoch viel zu spät, um die Auswanderungsflut noch zu stoppen.
Im Dezember 1708 landete schließlich Josua Harrsch alias Josua Kocherthal mit seiner Gruppe in New York und gründete den Ort Neuburg, aus dem sich die Stadt Newbourgh in Orange County entwickelte.
Die von Josua Harrsch, alias Josua Kocherthal minutiös genau geführte Liste mit allen Namen der Menschen, die sich an Bord befanden, ist als Kopie in der Heimatstelle Pfalz in Kaiserslautern vorhanden und einzusehen.
Doch im 19. Jahrhundert war auch Rußland das Ziel vieler Auswanderer. Obwohl aufs nachdrücklichste vor der Auswanderung nach dem geheimnisvollen Rußland durch die Regierung gewarnt, folgten zahlreiche Einwohner von Eschelbronn den Werbern, die sich meistens in den Gasthäusern an die Männer heranmachten, um sie zum Auswandern zu bewegen. Manch einer unterschrieb voreilig noch am Stammtisch den Vertrag.
Zar Alexander I. brauchte für sein, ihm von der Türkei zugefallenes Steppengebiet am schwarzen Meer tüchtige Bauern. Jeder Einwanderer sollte zwischen 33 bis 88 ha. Land erhalten, dazu kamen noch größere Geldbeträge. Diese Bedingungen waren sehr verlockend, so dass kaum einer dem Angebot widerstehen konnte. Zumal die Aussichten auf ein besseres Leben im Heimatland sehr schlecht waren. Vermutlich tat der Alkohol beim Unterschreiben noch ein Übriges. Wenn sich am nächsten Tag die alkoholumnebelten Gedanken wieder geordnet hatten, war es zu einer Rücknahme der Unterschrift zu spät. Wie viele Frauen, wie viele Kinder werden mit Entsetzen reagiert haben, als sie erfuhren, dass sie die Heimat Hals über Kopf verlassen müssen.
1809 verließen alleine 16 Erwachsene mit insgesamt 29 Kindern ihre Heimat, um das Glück auf der Insel Krim zu suchen.